Будь умным!


У вас вопросы?
У нас ответы:) SamZan.net

Tgung in Mosku 4 ~ 7 Juni 2007 [Leicht gek~rzte Fssung] Die bsicht die ich mit den folgenden ~berlegungen verfolge ist bescheiden

Работа добавлена на сайт samzan.net: 2016-06-06

Поможем написать учебную работу

Если у вас возникли сложности с курсовой, контрольной, дипломной, рефератом, отчетом по практике, научно-исследовательской и любой другой работой - мы готовы помочь.

Предоплата всего

от 25%

Подписываем

договор

Выберите тип работы:

Скидка 25% при заказе до 20.5.2024

15

Jürgen Stolzenberg (Halle)

Hegels Kritik der Aufklärung

Zum Kapitel „Der Kampf der Aufklärung mit dem Aberglauben“

in der „Phänomenologie des Geistes“

Vortrag für die Hegel-Tagung in Moskau

4. – 7. Juni 2007

[Leicht gekürzte Fassung]

Die Absicht, die ich mit den folgenden Überlegungen verfolge, ist bescheiden. Meine Absicht ist es, den Kern von Hegels Argument, das seiner Kritik der Aufklärung in der Phänomenologie des Geistes zugrunde liegt, zu verstehen. Hegels zentrale These ist nämlich alles andere als leicht- und schon gar nicht selbstverständlich. Sie lautet, dass die Auseinandersetzung der Aufklärung mit dem Glauben ein undurchschauter Kampf der Aufklärung mit sich selbst sei, in dem sie sich selber den Prozeß macht. Wie ist diese befremdliche These zu verstehen und wie wird sie von Hegel begründet? Hierüber besteht, soweit ich sehe, in der Forschung bisher keine hinreichende Klarheit.

Hegels Kritik der Aufklärung ist Teil seiner Theorie des Geistes. Mit dieser Theorie hat Hegel ein neues Kriterium der Rationalität in die neuzeitliche Philosophie eingeführt. Damit wird der Prozeß, den Hegel der Aufklärung macht, zum Schauplatz der Rechtfertigung seines eigenen philosophischen Unternehmens und seines Prinzips. Diesem Schauplatz und seinem Geschehen wende ich mich nun zu.

I. Bewußtsein und Geist

„Der Geist“, so erklärt Hegel zu Beginn des Geist-Kapitels der Phänomenologie, „ist das sittliche Leben eines Volkes.“ (326) Berücksichtigt man, daß der Ausdruck „sittlich“ hier nicht „moralisch“ im engeren Sinne bedeutet, sondern die Sitten meint, die in den Lebensformen und Gebräuchen eines Volks zum Ausdruck kommen, dann bezeichnet der Begriff des Geistes hier den Inbegriff von gemeinsam geteilten Lebensformen, in denen ein Volk seine Individualität und Identität realisiert. Unter diesen Lebensformen sind die verschiedenen Institutionen einer Gesellschaft zu verstehen, die Sphären der Wirtschaft, des Rechts, der Religion, aber auch die Formen künstlerischer Praxis bis hin zur Sprache und den sprachlichen Eigentümlichkeiten eines Volkes.

Die genannten kulturellen Lebensformen lassen sich in der Sicht Hegels allgemein als Formen der Objektivierung der Art und Weise verstehen, wie die Menschen das Leben, das sie führen und zu führen haben, gemeinsam organisieren und interpretieren. Diese Objektivierung läßt sich formal auf die folgende doppelte Weise beschreiben: zum einen als Beziehung der Individuen auf eine allgemeine Sphäre - die Sphäre der symbolischen Formen einer Kultur -, die von den vielfältigen individuellen Lebensentwürfen und -vollzügen unterschieden und unabhängig ist. Hegel nennt sie deswegen eine „gegenständliche, wirkliche Welt“ (325). Zum anderen dadurch, daß die Individuen sich in der gemeinsamen Beziehung auf diese allgemeine Sphäre doch nur auf sich selbst beziehen. Das wird aus dem Umstand verständlich, daß diese Sphäre gar nichts anderes als die Objektivierung der theoretischen und praktischen Intentionen der Individuen darstellt, durch die sie gemeinsam ihr Leben organisieren und interpretieren. So ist diese Sphäre eine von den Individuen gemeinsam erzeugte Dimension, in der sie ihre eigenen, von ihnen selbst gesetzten Zwecke realisieren. Daher hat diese Sphäre auch, wie Hegel betont, für diejenigen, die in ihr leben, „alle Bedeutung eines Fremden [...] verloren“.(325)

In Hegels Rede vom Geist als dem sittlichen Leben eines Volkes ist aber noch etwas anderes gemeint. Es ist Hegels Begriff von Freiheit. Freiheit bestimmt Hegel als „Bei-sich-selbst-Sein“. Dazu gehört, daß der Mensch in der Welt, in der er lebt‚ ‚zu Hause’ sein kann; und dies ist dann der Fall, wenn ihm die Möglichkeit gegeben ist, in dieser Welt das zu realisieren und zu sein, was er von sich selbst aus in authentischer und autonomer Weise sein will und sein kann. „Frei ist der Mensch, der um seiner selbst willen, nicht um eines anderen willen ist“ - diese aristotelische Definition der Freiheit nimmt Hegel auf. Und er nimmt mit Aristoteles ebenso den Gedanken auf, daß die griechische Bürgerstadt, die Polis, der Ort ist, an dem die Freiheit des Menschen zum ersten Mal ihre angemessene Rechtsform und Wirklichkeit gefunden hat. Dies ist das historische Phänomen, das Hegel vor Augen hat, wenn er im vorliegenden Zusammenhang von dem vom Geist geprägten sittlichen Leben eines Volkes spricht.  

Damit kommt nun noch ein weiteres und entscheidendes Moment in Hegels phänomenologischer Theorie des Geistes in den Blick: Sie enthält eine Philosophie der Geschichte, die eine Geschichte der menschlichen Kultur genannt werden kann. Ihre Absicht ist es, anhand einer Typologie von Modellen der Weltdeutung – so möchte ich es nennen, Hegel spricht von „Gestalten einer Welt“ (326) – zu einer Verständigung, nicht über die Geschichte politischer Ereignisse, sondern über die weiträumigeren geistesgeschichtlichen und kulturellen Veränderungen von der Antike bis zur Neuzeit zu gelangen, in der auch die Aufklärung ihren systematischen Ort hat. Hegels Begriff des Geistes ist die begriffliche Grundlage dieser Typologie von Modellen der Weltdeutung. Er ist das Prinzip, aus dem diese Veränderungen begriffen werden können, und er ist zugleich der Maßstab, an dem die Verwirklichung der Freiheit in den Lebensformen eines Volkes gemessen und beurteilt werden kann.

Das methodologische Konzept, mit dem Hegel diese Theorie zu entwickeln und die Leistungskraft der verschiedenen Modelle der Weltdeutungen zu beurteilen sucht, läßt sich im Ausgang von einem Zusatz verständlich machen, den Hegel der zitierten Erklärung hinzugefügt hat. „Der Geist“, so hieß es, „ist das sittliche Leben eines Volkes“. Der Zusatz lautet nun: „insofern er die unmittelbare Wahrheit ist“ (326). Das bedeutet, daß das Grundverhältnis des Geistes, so, wie Hegel es historisch zuerst in der antiken Polis-Sittlichkeit realisiert sah, sich auch in einem begrifflichen Sinne zunächst auf eine unmittelbare Weise darstellt. Und das bedeutet, daß die entsprechende Lebensform noch nicht ein begrifflich reflektiertes und rational begründetes Wissen von ihrer spezifischen Verfassung erkennen lässt bzw. ausgebildet hat. Hier herrscht, wie Hegel es ausdrückt, nur erst ein „schönes sittliches Leben“, das noch kein begrifflich reflektiertes Leben ist.

Dies ist Hegel zufolge mit Bezug auf den Begriff des Geistes jedoch zu fordern. Die Lebensform, in dem der Geist sich realisiert und objektiviert, ist kein vorgegebener faktischer Bestand, der als solcher unmittelbar auf- und hinzunehmen und in der Form, wie er sich gibt, auch zu akzeptieren wäre. Es ist vielmehr ein Verhältnis, das ein vollständig geklärtes und begründetes Bewusstsein von den Beziehungen, in denen der Geist sich darstellt und äußert, enthält. Dies schließt das Bewusstsein davon ein, dass der Geist, da er für Hegel das universale Prinzip der Wirklichkeit ist, selber das Prinzip bzw. der Urheber jener ‚gegenständlichen’ und ‚wirklichen Welt’ ist. Sie ist insofern sein „Werk“ (325) zu nennen, in dem er sich selber konkretisiert und objektiviert. Dies meint Hegel, wenn er davon spricht, dass jene „Gestalten der Welt“ das „eigene Fürsichsein“ des Geistes ausmachen. (326)

Für ein Bewußtsein nun, das als ein begrifflich reflektiertes und begründetes Wissen von seinen Gegenständen angesprochen werden kann, hat Hegel in der Einleitung in die PdG eine strukturelle Minimalbedingung angegeben - und damit trete ich in den Gang der Analyse der Hegelschen Theorie ein. Sie besteht darin, daß ein solches Bewußtsein sich so auf einen Gegenstand bezieht, daß er von einer bloß subjektiven Beziehung auf ihn unabhängig und für sich bestehend gedacht werden kann. Dies leuchtet unmittelbar ein, denn genau das meint man ja, wenn man etwas über einen Gegenstand oder einen Sachverhalt in einem Urteil behauptet, über den man nicht nur eine subjektive Meinung hegt, die auch falsch sein kann, sondern über den man etwas weiß, für das es objektive Gründe gibt und das daher nicht darin aufgeht, ein bloß subjektives Korrelat des Bewusstseins zu sein, sondern davon unabhängig Bestand hat. Diesen Sachverhalt hat Hegel mit seinem berühmten „Satz des Bewusstseins“ in der Einleitung zur Phänomenologie des Geistes in der folgenden Weise zum Ausdruck gebracht:

Das Bewußtsein unterscheidet etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht.“

So einleuchtend dies sein mag, so deutlich ist es, daß es für die Beschreibung der Grundstruktur des Geistes nicht ausreicht und einer wesentlichen Ergänzung bedarf. Das läßt sich leicht aus dem einsehen, was bisher von dem Grundverhältnis des Geistes gesagt worden ist. Von ihm wurde gesagt, daß der Gegenstand nur die Objektivierung des Geistes darstellt, der eben deswegen sein „Werk“ zu nennen ist, in dem er sich konkretisiert und in dem er deswegen, wie erwähnt, sein „eigenes Fürsichsein“ hat. Daher läßt sich sagen – und dies ist hier der entscheidende Punkt –, daß der Geist in der Beziehung auf seinen von ihm selbst hervorgebrachten Gegenstand sich in Wahrheit nur auf sich selbst bezieht. In seinem Anderen, so ließe sich sagen, ist der Geist bei sich und für sich.

Von diesem Moment ist im „Satz des Bewusstseins“ offensichtlich nicht die Rede. Das, was das Bewußtsein von sich unterscheidet und worauf es sich zugleich bezieht, das ist lediglich ein Gegenstand oder ein Sachverhalt, der eine objektiv gültige Tatsache darstellt, auf die es sich mit einer als wahr behaupteten Aussage bezieht. Damit ist aber offensichtlich nicht gemeint, daß dieser Sachverhalt gar nichts anderes als die Objektivierung des Geistes selber darstellt, der sich eben deswegen in der Beziehung auf seinen Gegenstand nur auf sich selbst bezieht.

So bietet es sich an, dem „Satz des Bewußtseins“ einen „Satz des Geistes“ zur Seite zu stellen, der folgendermaßen lauten könnte: „Das Bewußtsein unterscheidet etwas von sich, worauf es sich zugleich bezieht“ - das ist die Minimalbedingung der Bewusstseinsrelation in dem erklärten Sinn, den der Satz des Bewußtseins ausdrückt; die Relation des Geistes läßt sich nun dadurch zum Ausdruck bringen, daß gesagt wird:

Das Bewußtsein unterscheidet etwas von sich, auf das es sich so bezieht, daß es sich darin nur auf sich selbst bezieht.

Das ist Hegels „Satzes des Geistes“ zu nennen.

Es ist nun meine These, daß sich Hegels Argument, das seiner kritischen Theorie der Aufklärung zugrundeliegt, aus dem Verhältnis dieser beiden Sätze, dem „Satz des Bewußtseins“ und dem „Satz des Geistes“, rekonstruieren läßt. Hierzu ist zunächst das Verhältnis der beiden Sätze in der folgenden Weise zu skizzieren.

1. Auszugehen ist von dem Umstand, daß der eingangs exponierte Begriff des Geistes sich Hegel zufolge zunächst auf eine unmittelbare Weise realisiert. Das heißt, daß die Unterschiede und die Beziehungen, die für ihn wesentlich sind, zunächst noch gar nicht als solche vorhanden und in einer begrifflich reflektieren Weise unterschieden sind. Also muß es in einer Theorie des Geistes darum gehen, die Bedingungen zu entwickeln, unter denen dies möglich ist.

2. Dies kann nur so geschehen, daß von der Grundrelation des Bewusstseins, und das heißt, der einfachen Relation zwischen dem Bewußtsein und seinem Gegenstand, wie sie im „Satz des Bewusstseins“ zum Ausdruck gebracht ist, ausgegangen wird. Die erste Forderung für Hegels Theorie des Geistes lautet somit: Der Unterschied zwischen dem Bewußtsein und seinem Gegenstand muß in die Struktur des Geistes eingebracht werden. Dies muß jedoch unter der Bedingung des Selbstverhältnisses des Geistes erfolgen, denn dies ist seine Grundstruktur. Sie kann nicht unterboten oder aufgehoben werden. Wie ist dies möglich?

3. Das ist so möglich, daß der Geist zunächst so zur Darstellung gebracht wird, daß er sich in der Gestalt eines Gegenstandes objektiviert, der von ihm unterschieden ist und unabhängig für sich besteht. In der einfachen Beziehung auf seinen Gegenstand erscheint dieser Gegenstand dem Geist daher als eine Gestalt des Bewusstseins, mit Bezug auf die er nicht zu erkennen vermag, daß diese Gestalt des Gegenstandes in Wahrheit nur die Objektivierung seiner selbst ist. Hierzu ist er deswegen nicht in der Lage, weil diese Beziehung sich ihm unter der Form der einfachen Beziehung zwischen dem Bewusstsein und seinem Gegenstand darstellt, die im „Satz des Bewusstseins“ zum Ausdruck gebracht ist.  Der Geist, so ließe sich auch sagen, begreift den von ihm unterschiedenen und unabhängig für sich bestehenden Gegenstand nicht als sein eigenes „Werk“.

4. Hegels Argument läßt sich dann so beschreiben, daß der Geist auf unvermeidliche Weise in eine Selbsttäuschung gerät. Sie ist unvermeidlich, weil sie sich aus der logischen Forderung ergibt, daß der Geist sich zunächst unter der Form des einfachen Gegensatzes von Bewußtsein und Gegenstand darstellen muß. Die Täuschung besteht darin, daß die Beziehung auf seinen Gegenstand von ihm so verstanden wird, daß er auf etwas ganz anderes als auf die Objektivierung seiner eigenen Leistungen – und damit auf sich selbst – bezogen ist, was in Wahrheit nicht der Fall ist.

Man fragt natürlich sofort, auf welche Weise der sich über sich selbst täuschende Geist sich selbst und seinen Gegenstand denn versteht, auf welche Weise er auf diesen Gegenstand bezogen ist und auf welche Weise er seine Selbsttäuschung zu überwinden vermag. Diese Fragen sucht Hegel mit der Inszenierung des Kampfes der Aufklärung mit dem Aberglauben zu beantworten, und schon jetzt ist absehbar, daß dies in der Tat ein Kampf sein wird, den die Aufklärung auf eine undurchschaute Weise mit sich selbst austrägt. Daß sie dies nicht weiß, das ist Hegels Kritik der Aufklärung.

Doch warum handelt es sich eigentlich um einen Kampf, und inwiefern ist dies ein Kampf mit dem Aberglauben, und schließlich: inwiefern kann Hegel den Geist überhaupt als „Aufklärung“ bezeichnen? Diese Fragen lassen sich aus Hegels Theorie der Entfremdung und der Bildung beantworten.

II. Der sich entfremdete Geist und die Welt der Bildung

Hegels Ausführungen zum Begriff der Entfremdung lassen sich ohne Schwierigkeiten an das soeben Gesagte anschließen. Die These, daß in den Begriff des Geistes die logische Form des einfachen Gegensatzes von Bewußtsein und Gegenstand eingeführt werden muß, unter der der Geist sich jedoch über die innere Verfassung und den Status des Gegenstandes, auf den er sich bezieht, in einer Täuschung befindet, wird dadurch bestätigt, daß Hegel von dem „sich entfremdeten Geist“ bzw. „der Welt des sich entfremdeten Geistes“ spricht. Die Fremdheit oder Entfremdung, in der der Geist sich mit Bezug auf sich selbst befindet, ist offenbar nur eine andere Beschreibung der Selbsttäuschung, von der eben die Rede war.

Damit läßt sich auch der zweite Punkt erklären. Hegels Rede von dem sich entfremdeten Geist tritt im Zusammenhang mit seiner Theorie der Bildung auf. Hierbei ist es wichtig zu sehen, daß ‚Bildung’ für Hegel nicht die freie Entfaltung naturgegebener Anlagen ist, sondern Arbeit. Und Arbeit bedeutet den Verlust unmittelbarer und das heißt, naturwüchsiger und unreflektierter Lebensformen und Anschauungen. Und dieser Verlust wird von Hegel als Entfremdung beschrieben. Erst deren Überwindung kann zu einem reflektierten und intersubjektiv vermittelten und anerkannten Selbst- und Weltverhältnis führen, das eine auf Dauer gestellte und auf Freiheit gegründete Lebensform tragen kann.

Die Welt der Bildung – und damit tritt das Motiv der Geschichte wieder auf -, ist nun für Hegel die Welt der neuzeitlichen Naturwissenschaft sowie die Philosophie der Neuzeit und die in ihrem Gefolge reflexiv gewordenen und auf Legitimation angewiesenen Lebensverhältnisse. Es ist die „entzauberte Welt“, wie Max Weber sie bekanntlich genannt hat, in der das Subjekt sein Weltverständnis und die Rechtfertigung seines Handelns nicht mehr aus der Autorität der Tradition und einer vorgegebenen, letztlich göttlichen Weltordnung, sondern nur noch aus sich selbst zu begründen vermag. Der Moderne, so läßt sich daher sagen, ist es aufgegeben, ihre Legitimität aus ihrem eigenen Prinzip, dem Prinzip der Subjektivität, zu begründen und zu sichern.

Unter dieser Perspektive hat Hegel das Selbstverständnis des Geistes dadurch charakterisiert, daß der Geist sich als diejenige Instanz versteht, die der einzig verlässliche Grund und der einzig verläßliche Garant der Gültigkeit der Erkenntnis ist, bzw. als die Instanz, die der äußeren Natur, und nicht nur ihr, sondern auch einem gesellschaftlichen Leben, das recht und gerecht genannt werden kann, objektiv gültige Gesetze vorschreibt. Aufgrund dieser Kompetenz und seiner begründungstheoretischen Funktion versteht der Geist sich in der Neuzeit als Instanz einer von der Welt der Erfahrung unabhängigen und für sich bestehenden reinen Vernunft, die sich als Grund aller Wahrheit zu legitimieren sucht; daher versteht sie auch sich selber als etwas Wirkliches. Der Höhepunkt dieser Entwicklung ist für Hegel Kants Kritik der reinen Vernunft. Es ist deutlich, daß dieser Beschreibung das Modell des einfachen Gegensatzes von Bewußtsein und Gegenstand zugrundeliegt. Das bestätigt Hegels Charakterisierung der Position der reinen Vernunft als Dualität einer „für sich freien gegenständlichen Wirklichkeit“ (360) auf der einen Seite, dem die vernünftige „Einheit des Selbsts“ auf der anderen Seite gegenübersteht.

Hegels Rede von einer für sich freien gegenständlichen Wirklichkeit – dies muß hier eigens betont werden -, meint im vorliegenden Zusammenhang nicht, wie es naheliegend sein mag, die Welt der Gegenstände der Erfahrung in einem theoretischen Sinn, wie es etwa im Kapitel über die Wahrnehmung der Fall ist. Das Argument hierfür ergibt sich noch einmal aus dem Begriff des Geistes, der der hier zu rekonstruierenden Argumentation ja zugrundeliegt. Denn aus dem Begriff des Geistes folgt unmittelbar, daß eine für sich bestehende, gegenständliche Wirklichkeit Sinn und Bedeutung nur mit Bezug auf den Begriff des Geistes hat, und das wiederum heißt, daß mit dem, was hier „für sich freie gegenständliche Wirklichkeit“ genannt wird, nur ein Sachverhalt gemeint sein kann, der eine spezifische Weise der Erscheinung oder Darstellung des Geistes selber ist.

Hält man sich dies vor Augen, dann läßt sich auch absehen, wie dieser Sachverhalt formal beschaffen sein muß. Er muß so beschaffen sein, daß ein realer Unterschied zwischen Bewußtsein und Gegenstand für den Geist selber und unter seiner Perspektive nicht existiert. Denn nur dann, wenn dieser Unterschied für den Geist selbst, in seiner Wahrnehmung sozusagen, nicht existiert, kann ihm der Gegenstand als etwas von seiner Beziehung auf ihn unabhängig für sich bestehendes Wirkliches erscheinen, und genauer als etwas, das für ihn etwas Fremdes und etwas anderes als er selbst ist. Er wird sich ihm daher als eine Gestalt des Bewusstseins präsentieren, die ihrerseits durch eine unmittelbare Einheit von Bewußtsein und Gegenstand charakterisiert ist, das heißt, als eine Gestalt des Bewusstseins, die sich so darstellt, daß der Unterschied zwischen dem Bewußtsein und seinem Gegenstand nicht existiert und keinen begrifflich reflektierten Ausdruck hat.

Nun muß aber doch noch ein weiterer und entscheidender struktureller Umstand berücksichtigt werden. Er besteht darin, daß diese Gestalt des Bewußtseins aus der Welt der Bildung stammt. Und das besagt, daß sie gar keine unmittelbare, naturwüchsige, präreflexive Einheit von Bewußtsein und Gegenstand sein kann; vielmehr ist sie das Resultat einer Reflexion, das sich gerade aus der für die Bildung wesentlichen Negation einer für sich bestehenden, gegenständlichen Erfahrungswirklichkeit ergeben hat. Die Unmittelbarkeit jener Einheit ist daher in Wahrheit eine zweite, reflektierte Unmitelbarkeit, genauer aber eine solche, die den realen Unterschied zwischen Bewußtsein und Gegenstand negiert, aufgehoben und gleichsam hinter sich zurückgelassen hat. Das Wirkliche, das hier als unmittelbar gilt und thematisch ist, ist daher etwas rein Ideelles, etwas, das bloß im Modus der subjektiven Vorstellung existiert, etwas rein innerlich Wirkliches, in dem der Unterschied zur Sphäre der Innerlichkeit und die Selbständigkeit von Erfahrungsgehalten getilgt sind, und alle inhaltlichen Bestimmungen, die den ihr zugehörigen Gegenständen zugesprochen werden, sind nur Erzeugnisse dieses ‚reinen’ Bewusstseins.

Eine solche Gestalt des Bewusstseins bezeichnet Hegel als Glauben. Gemeint ist die neuzeitlich reflektierte, aus der Flucht aus und vor der ‚feindlichen’ und ‚bösen’ Welt stammende Herzensfrömmigkeit z. B. eines August Hermann Francke in Halle, der Jansenisten und Quietisten in Frankreich oder der Wesleyanisten in England. Diese Art des Glaubens, so charakterisiert sie Hegel nicht ohne Ironie, trägt ihre Gegenstände aus der Welt der Erfahrung herbei und transportiert sie dann sozusagen in die Sphäre des reinen, erfahrungsfreien Bewusstseins, das sich in die abgeschiedene, alle Formen eines entfremdeten Lebens hinter sich zurücklassende „heile“ Sphäre der Innerlichkeit zurückzieht; und dies geschieht dann so, daß jene Gegenstände zu Trägern eines allgemeinen, ideellen Sinns gemacht werden. In dieser Sphäre einer reinen Innerlichkeit ist daher der reale Unterschied zwischen dem Bewußtsein und seinem Gegenstand negiert.

Entscheidend ist - und damit ist das Niveau von Hegels Theorie der Aufklärung endlich erreicht -, entscheidend ist, daß auf diese Weise der einfache Gegensatz von Bewußtsein und Gegenstand, unter dem der Geist sich zuerst realisiert, eine erste inhaltlich konkretisierte Interpretation erhalten hat. Dieser Gegensatz erscheint hier, wie Hegel es ausdrückt, als der Gegensatz zweier Reiche: Es ist der Gegensatz zwischen dem Reich des reinen und vernünftigen Selbstbewußtseins auf der einen Seite und dem Reich des Glaubens auf der anderen Seite, der sich aus der Welt der Erfahrung in die Sphäre des reinen Bewusstseins zurückgezogen hat. Diese Sphäre, das Reich des Glaubens, erscheint dem vernünftigen Selbstbewußtsein als ein äußerer und fremder Gegenstand, und das heißt nun auch, als eine Gestalt des Bewußtseins, die nicht über ein begrifflich artikuliertes Bewußtsein über das ihr wesentliche Verhältnis von Bewußtsein und Gegenstand verfügt.

Genau daraus ergibt sich nun die Situation, die Hegel als „Kampf der Aufklärung mit dem Aberglauben“ beschreibt. Denn das vernünftige Selbstbewußtseins realisiert sich selber dadurch – und hier ist durchaus an die Positionen Kants und auch Fichtes zu denken -, daß es alle Arten von Gegenständen, die ihm als etwas bloß von außen Gegebenes erscheinen, zu einem Gehalt seiner Erkenntnis bzw. seiner praktischen Absichten umzuwandeln bestrebt ist. Daher muß es sich polemisch bzw. negativ gegen die Gestalt des Glaubens richten, der ihm in der Form einer fremden, von ihm unabhängig für sich bestehenden Instanz erscheinen. Dies gilt umso mehr, als der Glaube sich in demselben Element wie es selber, dem reinen Bewußtsein nämlich, hält, ohne, so muß es dem vernünftigen Selbstbewusstsein erscheinen, zur wahren Einsicht über sich selbst und über die Weise gekommen zu sein, in der er sich auf seine Gegenstände in seiner Welt der Innerlichkeit und Herzensfrömmigkeit bezieht. Diese Einsicht sucht es ihm nun beizubringen. So tritt das vernünftige Selbstbewusstsein gegen den Glauben als Aufklärung auf. Aufklären will es ihn über den wahren Sinn des Verhältnisses von Bewußtsein und Gegenstand, durch das der Glaube sich definiert – das, so sieht es die Aufklärung, ein falsches Bewußtsein ist. Sehen wir nun zu, wie der Kampf der Aufklärung mit dem, was ihm ein Aberglaube ist, vonstatten geht und wie er endet.

III. Der Kampf der Aufklärung mit dem Aberglauben

Hier kann ich nun die zahlreichen konkreten zeitgenössischen Theorien und literarischen Quellen nicht berücksichtigen, die Hegel in seine Theorie der Aufklärung aufgenommen und verarbeitet hat. Von Interesse ist allein das Schicksal, das die Aufklärung in ihrer Kampagne gegen den Glauben erfährt und die Frage, welche systematischen Folgen sich daraus ergeben.

Bei ihrem Angriff gegen das weite Reich des Irrtums, in dem die Aufklärung den Glauben befangen sieht, richtet sie sich zuerst gegen die betrügerischen Machenschaften einer Priesterschaft, die, so Hegel, “mit dem Despotismus sich verschwört“, um das Volk durch Angst in Ruhe zu halten und sich selber im Genuß der Macht zu erhalten. Indem die Aufklärung aber dem Glauben die Augen über diesen Betrug und über seinen Irrtum öffnen will, weist dieser sie mit dem Bescheid ab, daß sie gar nicht wisse, wovon hier die Rede ist und die Sache nicht verstehe. Überdies bezichtigt der Glaube die Aufklärung der vorsätzlichen Lüge. Denn auf der einen Seite erklärt sie den religiösen Kult rundweg für einen „Hokuspokus der taschenspielerischen Priester“, auf der anderen Seite sieht sie durchaus ein und gibt sie auch zu, daß der Glaube darin sein ganzes Vertrauen setze und daraus die Gewißheit seiner Existenz beziehe. Eben deswegen kann aus der Perspektive des Glaubens von einer Täuschung, in der er sich befindet, keineswegs die Rede sein; diese liegt für ihn vielmehr auf der Seite der Aufklärung.

Dasselbe gilt für die aufklärerische Destruktion der Gegenstände der religiösen Verehrung: „Das, was dem Glauben etwas Heiliges ist,“ so beschreibt Hegel mit einiger Drastik das Treiben der Aufklärung, „ist ihr [der Aufklärung] ein Steinstück, ein Holzblock, der Augen habe und nichts sehe, oder auch etwas Brotteig, der, auf dem Acker gewachsen, von Menschen verwandelt darauf zurückgeschickt werde.“ (409) Auch diese vermeintlichen Aufklärungen und Enthüllungen sind für den Glauben nichts als anmaßende Lügen. Denn das, was der Glaube verehrt, ist für ihn eben kein Gegenstand, der wahrnehmbar und vergänglich ist, sondern ein heiliges und ewiges Wesen. Und so muß er auch alle kritischen Hinweise auf die Probleme der zufälligen historischen Überlieferung und der Deutung der Zeugnisse seines Glaubens als gänzlich irrelevant abtun.

Indem die Aufklärung auf diese Weise alle positiven Inhalte des Glaubens zu destruieren sucht, sich darin für den Glauben aber als das Gegenteil dessen, was sie sein will - nämlich wahre Einsicht -, darstellt, wird für die Aufklärung der Gedanke von einem göttlichen Wesen zum Begriff eines gänzlich bestimmungslosen höchsten Wesens, einem „Vakuum“, wie Hegel sagt, - die Grundannahme des aufklärerischen Deismus eines Toland, Voltaire und Robinet. Und entsprechend rückt für sie die Welt der sinnlichen Erfahrung und die Existenz der natürlichen endlichen Dinge wieder in das Zentrum des Interesses – zu denken ist hier an den Empirismus der englischen und französischen Aufklärung.

Dem Glauben nun müssen die Resultate der aufgeklärten Weltdeutung ebenso wie die gegen ihn gerichtete Kritik nicht nur Lügen, sondern schlechterdings ein „Greuel“ (416) sein, denn so, wie die Aufklärung ihn in seinem Selbstverständnis mißversteht, so reduziert sie nun die Welt, die ihm ein Werk der Schöpfung seines Gottes ist, auf eine Ansammlung von Materie in Bewegung und das von ihm verehrte göttliche Wesen auf ein gänzlich inhaltsleeres „être suprême“. Und so scheint nun der Glaube alles Recht gegen die Aufklärung auf seiner Seite zu haben.

Doch dies ist nur ein Schein. Dies zeigt sich, wenn man sich daran erinnert, daß die Bewußtseinsgestalt des Glaubens, um die es hier geht, aus der Welt der Erfahrung, die eine reflektierte Welt der Bildung ist, stammt und aus ihr sich in die Sphäre des reinen, von der Welt der Erfahrung unabhängigen Bewußtseins und der Innerlichkeit des „Herzens“ sozusagen zurückgezogen und gerettet hat. Davon muß der Glaube, eben weil er eine Gestalt dieser Welt der Bildung ist, doch ein begrifflich bestimmtes Bewußtsein ausgebildet haben. Das bedeutet, daß ihm auch ein Bewußtsein davon unterstellt werden darf, daß und auf welche Weise er die beiden einander entgegengesetzten Bereiche, das reine Bewußtsein bzw. die Welt des Herzens und die Welt der Erfahrung, zu der einen religiösen Weltdeutung verbindet, die für ihn die einzig wahre ist. Dann muß aber auch die Frage erlaubt sein, auf welche Weise das Bewußtsein dieser Einheit in der Selbst- und Weltdeutung des Glaubens einen begrifflich reflektierten Ausdruck findet.

Von dieser Frage läßt sich die Aufklärung leiten, wenn sie dem Glauben die disparaten Sphären vor Augen stellt, in denen er sich hält und wenn sie ihm demonstriert, daß er diese entgegengesetzten Sphären eben nicht zu einer begrifflich bestimmten, einheitlichen Welt- und Selbstdeutung zusammenbringt, die er doch für sich, wenngleich gedanken- und begrifflos, behauptet. Der Glaube vermag nämlich weder ein angemessenes und begrifflich geklärtes Bewußtsein von der vorgestellten Einheit der sinnlichen Gegenstände mit den ihnen erteilten allgemeinen ideellen, religiösen Bedeutungen auszubilden, denn er leugnet den konstitutiven Bezug auf die konkreten sinnlichen Gegenstände und setzt die allgemeine ideelle Bedeutung im religiösen Sinne absolut. Noch gelingt es ihm, darüber zur Klarheit zu kommen, daß das von ihm verehrte göttliche Wesen, dem er eine selbständige, von allen Weltbezügen unabhängige Existenz zuschreibt, ihm doch ohne sein eigenes Tun in den besonderen religiösen Handlungen gar nicht zugänglich ist. Und schließlich vermag er sich auch nicht darüber Rechenschaft abzulegen, daß er seine Vorstellungen von den Eigenschaften des absoluten göttlichen Wesens wie Weisheit, Liebe, Güte, Gnade, Gerechtigkeit und anderes an Vorstellungen von endlichen und zufälligen Gehalten bindet. Den Einheitssinn dieser Beziehungen begreift der Glaube nicht. Er führt, wie Hegel mit trockenem Humor bemerkt, auf diese Weise eine doppelte Haushaltung, welche die Aufklärung dadurch verwirrt, daß sie ihm die Gerätschaften der diesseitigen Welt hereinbringt, die er zwar nicht wahrhaben mag, die er aber auch nicht verleugnen kann.

Die Aufklärung aber steht, genau besehen, auch nicht besser da: Auch sie trennt, isoliert und verabsolutiert und ist auf diese Weise ihrerseits nicht in der Lage, die getrennten Elemente so zusammenzubringen und so zu verstehen, wie sie für den Glauben sind. Sie isoliert nämlich sowohl die konkreten Gegenstände der sinnlichen Erfahrung wie die Vorstellungen von endlichen und zufälligen Gehalten als auch das Moment des eigenen Tuns und spricht diesen Elementen eine über sie hinausgreifende und sie vereinigende ideelle Bedeutung rundweg ab.

Damit ist der entscheidende Schritt vorbereitet. Indem nämlich die Aufklärung auf diese Weise verfährt, gibt sie, wenngleich auf indirekte Weise, zu erkennen, daß sie ebensowenig über den Einheitssinn ihrer eigenen strukturellen Verfassung aufgeklärt ist. Denn das, was sie dem Glauben zeigt und ihm zum Vorwurf macht, daß er nämlich kein angemessenes Bewußtsein von der spezifischen Einheit seiner absolut entgegengesetzten Momente ausgebildet habe, über das er als eine Gestalt der Bildung doch verfügen müßte, das zeigt sich nun als der undurchschaute Reflex ihrer eigenen Verfassung; und die dem Glauben von seiten der Aufklärung zugedachte Deutung und Kritik stellt sich als eine Kritik heraus, die sich - auf eine von der Aufklärung selber undurchschaute Weise - gegen sie selbst kehrt. Auch die Aufklärung kennt die Einheit von Bewußtsein und Gegenstand nicht so, wie es dem Begriff des Geistes angemessen ist. Das bedeutet, daß der Kampf der Aufklärung mit dem Glauben in Wahrheit ein Kampf ist, den die Aufklärung - auf eine undurchschaute Weise - mit sich selbst führt. Denn auch das aufklärerische Bewußtsein, so hatte sich ja ergeben, steht selber unter dem Prinzip des einfachen Gegensatzes des Bewußtseins und seines Gegenstandes. Dies zeigt sich an der Art und Weise, wie es sich auf die Position des Glaubens bezieht. Auf ihn bezieht es sich nämlich nur als einen ihm entgegengesetzten, fremden, äußeren und unabhängig von ihm existierenden Gegenstand, gegen den es sich deswegen auch nur polemisch und negativ bzw. kritisch-destruktiv verhalten kann. So läßt sich sagen, daß die Aufklärung die innere strukturelle Verfassung des Glaubens nach demselben Prinzip, nämlich dem des einfachen Gegensatzes von Bewusstsein und Gegenstand, versteht, unter dem sie sich selber versteht und unter dem sie auch ihr Verhältnis zum Glauben versteht. Dieses Prinzip ist, wie eingangs gezeigt, im „Satz des Bewusstseins“ formuliert. Indem die Aufklärung nun dem Glauben vorwirft, in Wahrheit noch im Gegensatz seiner Momente, der Welt der Erfahrung und der Sphäre der Innerlichkeit, befangen zu sein und über den Sinn ihrer Einheit, die sie behauptet und die zur Grundlage ihres Selbstverständnisses macht, keine rationale und begrifflich reflektierte Auskunft geben zu können, erkennt sie nicht und kann sie aufgrund ihrer eigenen strukturellen Verfassung nicht erkennen, daß dieser Vorwurf ebensosehr auf sie selber zutrifft. So ist die Aufklärung hinsichtlich ihrer eigenen strukturellen Verfassung mit Blindheit geschlagen.

 

Und so ist die Aufklärung gar nicht in der Lage, ein angemessenes und begrifflich reflektiertes Bewusstsein über die Art ihrer Beziehung zur Gestalt des Glaubens auszubilden. Diese Beziehung besteht nämlich darin, daß die Gestalt des Glaubens, auf die sie sich nur polemisch bezieht, in Wahrheit das verkehrte, negative Spiegelbild ihrer selbst ist. Denn die Bewusstseinsgestalt der Aufklärung wie auch der Glaube repräsentieren jeweils eine bestimmte Einheit von Gegenstands- und Selbstbewusstsein. Die Begriffe, die dem jeweiligen Selbstverständnis über diese Einheit zugrunde liegen, schließen jedoch einander aus. Der Glaube nämlich behauptet, auf eine unmittelbare Weise auf seine Gegenstände bezogen zu sein und daraus die Gewißheit seiner selbst zu beziehen; diese Gewißheit verdankt sich in Wahrheit aber seiner Flucht aus der Welt der Erfahrung, und das heißt, ihrer Negation.

Das aufklärerische Selbstbewußtsein hingegen behauptet – nach Maßgabe des eingangs zitierten „Satzes des Bewusstseins“ –, daß es seinen Gegenstande außer sich und nur dadurch ein Bewußtsein von sich selbst hat, daß es sich von seinem Gegenstande unterschieden weiß, auf den es sich gleichwohl bezieht. Dieser Gegenstand ist hier der Glaube. Insofern ist es auf eine durch diesen Unterschied vermittelte Weise auf seinen Gegenstand und auf sich selbst bezogen. Genau das also, was der Glaube verneint, nämlich die Abhängigkeit seiner Existenz und Selbstgewißheit von seiner Beziehung auf die Gegenstände der Erfahrung, das bejaht das aufklärerische Selbstbewusstsein, denn es lebt sozusagen ganz in und aus dieser Beziehung; und was der Glaube für sich bejaht, nämlich die unmittelbare Einheit von Gegenstands- und Selbstbewußtsein, das verneint das aufklärerische Bewußtsein. Der Glaube kann seine Selbstgewißheit in Wahrheit aber doch nur durch diese Beziehung behaupten, obwohl er sie für sich leugnet; daher weist der Glaube in Wahrheit oder an sich (oder für uns) dieselbe formale Verfassung auf wie das aufklärerische Bewußtsein.

Das aufklärerische Bewußtsein vermag diese formale Identität zwischen sich und der Position des Glaubens jedoch nicht zu erkennen. Wäre es hierzu in der Lage, dann würde es dem Kriterium der Geist-Struktur genügen. Denn dann würde es einsehen, daß die Position des Glaubens in Wahrheit sozusagen Geist von seinem Geist ist, da sie eine – vom Glauben selber nicht wahrgenommene und geleugnete – vermittelte, in sich unterschiedene Einheit von Gegenstands- und Selbstbewußtsein ist, und es würde sich dann so auf den Glauben beziehen, daß es weiß, daß er eine Gestalt des Bewußtseins ist, die von ihm zwar unterschieden ist, daß es sich darin aber zugleich nur auf sich selbst bezieht. Und damit würde es einsehen, daß sein polemisch-destruktives Verhalten gegenüber dem Glauben auf einem Missverständnis und einer Verkennung seiner eigenen Verfassung und der des Glaubens zumal beruht. Dazu ist das aufklärerische Bewußtsein aber nicht in der Lage; und dies deswegen nicht, weil es allein mit dem Modell des einfachen Gegensatzes von Bewußtsein und Gegenstand operiert und nur mit diesem Modell die strukturelle Verfassung des Glaubens und sein eigenes Verhältnis zu ihm deutet. Dieses Modell aber sieht den Fall nicht vor, daß das Bewußtsein sich so auf einen von ihm unterschiedenen Gegenstand bezieht, daß es sich darin auf sich selbst bezieht. Deswegen ist und bleibt der Glaube für das aufklärerische Bewußtsein ein unabhängig von ihm existierender, ‚fremder’ Gegenstand, auf den es sich nur in polemischer und destruktiver Weise bezieht. Und deswegen erkennt es auch nicht, daß es durch das, was es dem Glauben zu demonstrieren sucht, nämlich die durchgängige Abhängigkeit seiner Selbstgewißheit von der Welt der Erfahrung, in Wahrheit eine strukturelle Identität mit seiner eigenen Verfassung demonstriert. Deswegen also ist das aufklärerische Bewußtsein nicht über sich selbst aufgeklärt, und deswegen ist sein Kampf mit dem Glauben ein undurchschautes Spiegelgefecht mit sich selbst.

Hegels Kritik der Aufklärung im Kontext seiner Phänomenologie des Geistes besteht somit zusammengefasst in dem Nachweis, daß die Aufklärung sich in ihrem Tun konsequent missversteht. Die Aufklärung behauptet, die Wahrheit über den Glauben und über sich selbst zu kennen. Die Wahrheit ist aber, daß sie dazu gar nicht in der Lage ist. Das hat sich gezeigt. Es hat sich auch gezeigt, daß sie dazu aus prinzipiellen Gründen nicht in der Lage ist und sich eben deswegen konsequent missverstehen muß. Die Aufklärung ist über sich selbst nicht aufgeklärt. Die Gründe liegen in dem Umstand, daß der Begriff des Geistes zunächst unter der Form des Bewusstseins bzw. dem einfachen Gegensatz von Bewußtsein und Gegenstand expliziert und dargestellt werden muß. Eine Alternative hierzu gibt es aufgrund der Logik des Begriffs des Geistes nicht. Das hier waltende Mißverständnis, so ist daher zu sagen, ist systembedingt und unvermeidlich, denn es ist die notwendige Folge des konzeptuellen Rahmens, der mit dem Begriff des Geistes gegeben ist und der für die Theorie des Geistes auch nur zur Verfügung steht.  

Daraus ließe sich nun der letzte Schritt im Gang der Kritik der Aufklärung ableiten. Wenn gezeigt ist, daß das aufklärerische Bewußtsein eine Gestalt des Geistes ist und wenn es sich aufgrund seiner eigenen Verfassung sowohl mit Bezug auf sich selbst als auch mit Bezug auf seinen Gegenstand, den Glauben, konsequent und notwendigerweise täuscht und mißversteht, dann wäre dies ein Argument dafür, daß das Gegenteil wahr ist und das heißt, daß die von ihm nicht erkannte und nur konsequent verkannte Struktur eben diejenige Bewusstseinsgestalt ist, durch die der Kampf der Aufklärung mit dem Glauben zu einem Ende geführt und überwunden werden könnte. Dies wäre ein Ende, bei dem es nicht einen Sieger und einen Besiegten, sondern auf beiden Seiten eine neue Einsicht gäbe, die Einsicht nämlich in die explizierte Grundverfassung der Struktur des Geistes. Dazu aber ist die Aufklärung, wie Hegel mit Nachdruck betont, von sich aus und aus ihren eigenen begrifflichen Ressourcen nicht in der Lage. Und daher ist die bisher erzählte ‚Geschichte’ vom Kampf der Aufklärung mit dem Aberglauben auch noch nicht die ganze Wahrheit über die Aufklärung, wie Hegel sie sieht.

Der Kampf der Aufklärung mit dem Glauben hat daher eine Fortsetzung. Sie führt zu einer neuen und durchaus dramatischen Wendung. Sie bringt unter dem Titel der „Absoluten Freiheit und des Schreckens“ noch einmal eine Abrechnung mit der Aufklärung mit sich, bei der auch deutlich wird, daß jene Geiststruktur vollständig erst am Ende eines langwierigen Weges, der das Ende der Weges der gesamten Phänomenologie des Geistes ist, erreicht werden kann. Nur in diesem Sinne kann die Kritik der Aufklärung als ein notwendiger Schritt im Gang der Rechtfertigung von Hegels Grundprinzip der Philosophie verstanden werden. Diese Fortsetzung kann hier nun allerdings nicht mehr folgen.

PAGE  2




1. Реферат- Основные методы прогнозирования
2. Тема Руководитель курсо
3. тема информационный продукт или услуга информационная система управления предприятием ИСУП
4. курсовая работа по теме- АНАЛИЗ ИСПОЛЬЗОВАНИЯ МАТЕРИАЛЬНЫХ РЕСУРСОВ ПРЕДПРИЯТИЯ выполнил-
5. а на другие Основная идея система рыночных и экономических отношений не является совершенной и саморегул
6. Антигравитация вектор силы
7. Великі географічні відкриття XV-XVII ст Їх значення для людства і становлення епохи колоніалізму
8. Возможен ли экологический кризис на планете
9. Современное состояние российского инвестиционного рынка
10. Программа 2 Парафин маска
11. День пожилого человека 3 На экране идут слайды осенних пейзажей и пожилых людей Голос за кадром ч
12. Тема 5. Прийняття рішень у міжнародних корпораціях 1
13. мистическое направление античной мысли 3 6 вв
14. Эрнесто Гевара Линч де ла Серна родился 14 июня 1928 года в аргентинском городе Росарио.html
15. Цитология эукариотических водорослей
16. Контрольная работа- Оперативно-розыскные мероприятия- основания и условия проведения
17. Восхождение на Килиманджаро
18.  Государство Российское едино и нераздельно
19. Богатые люди составляющие примерно 15
20. ЛАБОРАТОРНАЯ РАБОТА I ИССЛЕДОВАНИЕ НЕСТАЦИОНАРНОГО ПРОЦЕССА ТЕПЛОПРОВОДНОСТИ В БИОЛОГИЧЕСКОЙ ТКАНИ И